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Winter im Transitland

Für viele Geflüchtete führt der Weg in die EU über Bosnien. Doch die grüne Grenze zu Kroatien ist scharf bewacht. Nun überwintern Tausende in dem kleinen Land - unter unmenschlichen Bedingungen.

Eine Videoproduktion mit Thomas Datt für SPIEGEL ONLINE und das ARD-Magazin FAKT.
 

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Im Rahmen der Recherche ist folgender Text für MDR.de entstanden: 

Bis hierhin und nicht weiter: Mohammed Alissa aus Syrien ist im bosnischen Bihać gestrandet – an der Grenze zur EU. Eine Familie hat den Flüchtling aus Homs untergebracht. Seine Frau und sein Baby leben bereits in den Niederlanden. Für sich selbst sieht er nur den Weg über Kroatien. Doch dort geht die Polizei offenbar rigoros vor.  Beim vorletzten Versuch hätten Polizisten in Kroatien einen Hund auf ihn gehetzt, berichtet Alissa. "Ich versuchte wegzurennen, aber die Polizisten schmissen mich auf den Boden und ließen den Hund weiter zubeißen." Anschließend hat er sich nach Bosnien zurückgeschleppt. Die tiefen Wunden heilen nur langsam. Zahlreiche Migranten und auch Hilfsorganisationen schilderten den Reportern von "FAKT", dass die kroatische Polizei Handys zerstören und Rucksäcke verbrennen würde. Obwohl es das europäische Recht verlangt, kann an der kroatischen Grenze kaum jemand einen Asylantrag stellen. Zu den massenhaften "Pushbacks", also zu Rückführungen ohne rechtsstaatliches Verfahren, schweigt die EU. Gewollte Abschreckungspolitik?

Von einer "unseeligen Dynamik" spricht der Migrationsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Raphael Bossong. Bei dieser verabschiedet man "sich immer mehr vom geltenden Rechtstaat, um sein Problem in seinem Land möglichst klein zu halten". Die meisten Staaten – auch Deutschland – wollten inzwischen diese Abschreckungspolitik. "Man will ja die Signale senden, dass die Route zu ist, dass es keinen Sinn macht, sich auf den Weg zu machen.
"Trotzdem versuchen weiterhin jede Nacht Menschen, über die bosnische Grenze nach Kroatien und damit in die EU zu kommen. Meist vergeblich. Meist treffen sie auf eine straff vorgehende kroatische Polizei, die die Migranten zurück nach Bihać schickt.
Dort betreibt die UNO-Organisation IOM ein Aufnahmelager, finanziert von der EU. In der ehemaligen Kühlschrankfabrik Bira sind aktuell rund 1800 Männer und Jugendliche untergebracht – 300 über dem Limit. Im Dezember war es noch möglich einen Blick in das Lager zu werfen. In Zeiten von Corona, dürfen nur noch Mitarbeiter und Bewohner rein. Obwohl das Lager überfüllt ist, kommen immer wieder neue Leute dazu.

"Sie klettern über den Zaun, das heißt, sie kommen auf andere Weise als über den Haupteingang rein", sagt die Leiterin des Lagers, Amira Hadžimehmedović. Die Lösung gegen die Überfüllung sei ein weiteres Lager mit mehr Kapazitäten.

Finanzhilfen der EU reichen nicht

Auch in einem zweiten Lager in der Region gibt es die gleichen Probleme: So teilen sich in Miral ebenfalls vielfach zwei Menschen ein Bett. Es ist eng, laut, stickig. Bosnien-Herzegowina ist überfordert mit den Migranten – und die Finanzhilfen der EU reichen nicht aus.Mehr als 50.000 Migranten kamen seit 2018 in das fünftärmste Land Europas, meist aus Griechenland. Sie sehen Bosnien zwar nur als Transitzone in den EU-Staat Kroatien - doch weil die kroatische Polizei sie zurückjagt, bleiben sie meist in Bosnien hängen.
"Eigentlich bin ich am Ende. Ich habe es innerhalb eines Monats fünf Mal versucht. Ich bin jedes Mal gescheitert", sagt Mohammed Alissa. Er jobbe für einen bosnischen Freund auf Baustellen und versuche zu arbeiten. "Ich sitze nicht rum und mache nichts. Ich will Geld sparen und dann das Game versuchen."

Game, das Spiel, nennen Mohammed Alissa und die anderen Migranten ihren Versuch, in die EU zu gelangen. Bitterer Humor in einer Sache, die ihnen sehr ernst ist.

 

ein Beitrag von:
Florian Barth


florian.barth_at_mediendienst-ost.de
über den Autor
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Florian Barth geboren und aufgewachsen in Leipzig arbeitet als Autor und Videojournalist hauptsächlich für die politischen Magazine des MDR. Zuvor studierte er Medientechnik und Medienmanagement an der Hochschule Mittweida und Medienproduktion an der German-Jordanian University in Amman.
Neben seiner Arbeit für den MDR veröffentlichte er Texte und Videobeiträge für verschiedene Zeitungen und Onlinemedien. 



 

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